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Aus dem wahren Leben…..

Das kann man mit zwei genialen Zitaten erklären: “Man muss das Pferd bei ausreichend langem Zügel und vorgelassenem Hals, gefühlvoll anstehender Hand und halben Paraden solange fleißig vorwärts reiten, bis es mit dem Hinterbein (wieder) durchtritt und aktiv abfußend die Anlehnung an das Gebiss sucht, es annimmt! Daneben muss man die Rippengeschmeidigkeit verbessern und das Pferd muss durchlässig werden. Durchlässigkeit beginnt dann, wenn das Pferd die Halben Paraden annimmt und der Reiter zum Sitzen und zum Treiben kommt!” (Paul Stecken)

Oder man sagt es mit Udo Bürger: “Jede Korrektur der Anlehnung fängt beim Gang an. Erst muss der reine Gang im freien Vortritt bei absolut passiver Anlehnung in Ordnung sein, ehe der Reiter sich mit den Zügeln eine Einwirkung hinsichtlich Durchlässigkeit erlauben darf.”

So viel zur Theorie…..

Eine Schülerin beschwerte sich im Unterricht, dass sie den Zügel jetzt viel zu lang lassen muss und sie ihr Pferd so ja gar nicht mehr steuern kann und erklärt im gleichen Atemzug, dass der eigene Trainer ihr immer wieder vorgeworfen habe, der Zügel wäre VIEL zu lang. Die Dame hatte den Zügel allerdings so kurz, dass sie sich hätte bequem am Gebissring festhalten können. Zu allem Übel streckte sie die Arme gerade nach vorne, zog die Schultern hoch und war vollkommen verkrampft. Das Pferd schlug pausenlos mit dem Schweif.

Auf meine Frage hin, was sie mit dem Reitunterricht erreichen möchte, war die Antwort, dass sie wollte, dass ihr Pferd endlich durchs Genick geht. Das würde nämlich zu lange dauern und ihr Pferd wäre immer so stur und würde nicht mitmachen.
Das Pferd war verkrampft, verspannt, knirschte mit den Zähnen, hüpfte im Galopp schief auf vier oder besser fünf Hufschläge im Viertakt durch die Bahn. Im Trab war es deutlich zügellahm und der Schritt war passartig. Die Reiterin hing intensiv am inneren Zügel. Passt zu dem alt bekannten Spruch: Das Annehmen hat ja auch noch keiner vergessen.
Auf das Reiten Lektionen hatte man bisher verzichtet, denn es handelte sich um Springpferd.

Mit der Hoffnung auf eine schnelle Lösung hatte sich die Dame aufgemacht, um den vermutlich 238 Trainer zu konsultieren. Da man Reiten aber bekanntlich so eben nicht erlernen kann und die meisten Hindernisse eines Pferdes oben drauf sitzen, lässt sich auch das Problem “durch das Genick gehen” nicht mit dem richtigen Trick, sondern nur mit richtigem Reiten lösen. Leider Gottes….
Rippengeschmeidigkeit, Schub aus der Hinterhand, Halbe Paraden und Losgelassenheit sind hier einige Stichworte. Daneben gehören ein geradezurichtendes und durchlässiges Pferd dazu, wenn das ganze mittelfristig funktionieren soll … und wäre das noch nicht genug an Mühsal auch noch der korrekt im Schwerpunkt, in der Bewegung mitschwingende Reiter, der unabhängig von der Hand sitzen kann und sich nicht vollkommen verkrampft, mit missmutigen und genervten Gesichtsausdruck am Zügel festhält.

Sicherlich fand die Dame diesen ganzen Aufwand vollkommen überbewertet, denn ihr altes Pferd lief ja – ich zitiere – “auch ohne diesen ganzen Zirkus”…. Einwurf von mir: Was immer das heißen soll?!

Da ich ja immer bemüht bin, die Dinge zu erklären, Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu verdeutlichen, habe ich das dann auch bei der Dame versucht. Im Nachhinein betrachtet hat das allerdings nur mittel-gut funktioniert….

Da das Pferd laut Aussage seiner Reiterin NATÜRLICH alle grundlegende Lektionen wie Schenkelweichen, Halten, Rückwärtsrichten, Viereck verkleinern und vergrößern beherrscht, haben wir damit dann auch nach einer längeren Diskussionen darüber, dass die international erfolgreichen Springreiter auf diesen Unsinn auch alle verzichten begonnen.
Es stellte sich heraus, dass alle genannten Lektionen nicht geritten werden konnten. Weder Reiter noch Pferd wussten überhaupt, worum es geht und realistisch betrachtet hätte man bei der Reiterin erst einmal mit wochenlangen Sitzübungen an der Longe beginnen müssen. Erst im Anschluss daran hätte man über weitere Aktivitäten sprechen sollen….

Da die Reiterin jedoch schon einige Turniererfolge zu verzeichnen hatte (Herr Stecken würde jetzt sagen: “Wenn zehn Schlechte starten, muss ja einer gewinnen!”), fand sie meinen Vorschlag mehr als deplatziert und ist mit dem schon fast krampfhaften Versuch höflich zu bleiben abgedampft….

Wie würde Udo Bürger jetzt so treffend formulieren: “… und dann gibt es noch das große Heer selbstzufriedener Dilettanten, die all’ ihr Tun schön finden und nie begreifen werden, worum es geht.”

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