Der Sehnenschaden… das große Risiko!

Man kommt gut gelaunt in den Stall, ist gerade damit beschäftigt, die Hufe auszukratzen und dann fühlt man ein Schwellung: Heiß. Nach außen gewölbt. Man holt sein Pferd aus der Box, um sich das Desaster in seiner ganzen Ausprägung anzuschauen…
Die Horrorvision eines jeden Reiters: Der Sehnenschaden….

Wie konnte das passieren? Es ist doch nichts vorgefallen!

Sehnen können durch unterschiedliche Ursachen geschädigt werden. Etwa wenn sich das Pferd das Bein anschlägt und ein Bluterguss entsteht, der die Sehne marmoriert. Es kann aber genauso gut durch eine zu frühe oder falsche reiterliche Belastung und Fehler in der Ausbildung entstehen. Auch falsch gestellte Hufe oder eine Verletzung können Sehnenschäden nach sich ziehen.
Erkennen lässt es sich dann einer Schwellung meist am hinteren Teil des Röhrbeines. Die Stelle ist bedeutend wärmer als der Rest des Pferdebeines – ein deutlicher Hinweis auf eine Entzündung. In der Folge sind dann viele Pferde irgendwann lahm.

Die Heilung von Sehnenschäden ist ein langwieriger Prozess und kann viele Monate dauern. Es ist außerdem möglich, dass Vernarbungen entstehen, die sich zum dauerhaften Schwachpunkt des Pferdes entwickeln können. Schon bei kleineren Fehlbelastungen oder Traumata kann es zu einer erneuten Schädigung des belasteten und/oder vernarbten Gewebes kommen. Nicht selten ist dann eine lange Ruhepause die Konsequenz – wenn es denn überhaupt noch möglich ist, dass Pferd wieder mit Training zu belasten…

Akuter Sehnenschaden durch einen Schlag

Der gleiche Sehnenschaden nach einigen Behandlungswochen. Die Sehne ist nur wenig abgeschwollen.

Nach weiteren vier Monaten ist die Schwellung noch immer nicht komplett zurückgegangen.

 

Die Sehne

Sehnen sind aus festem Bindegewebe und übertragen die Bewegung aus den Muskeln auf die Gelenke. Sehnen befinden sich an an den Gliedmaßen und an den Stellen, an denen Muskulatur am Knochen ansetzt. Die Sehnen an den Beinen des Pferdes sind für Verletzungen besonders anfällig, da es unterhalb des Karpalgelenkes keine „schützenden“ Muskeln mehr gibt – die Bänder und Sehnen, die sich am Röhrbein befinden, kann man deutlich fühlen.

An der Hinterseite des Beines befinden sich tiefe und oberflächliche Beugesehne sowie der Fesselträger. An der Vorderseite des Pferdebeines befinden sich die Strecksehnen.

Sehnen setzen sich aus Sehnenfasern zusammen. Diese sind vergleichbar mit einem Haar. Viele Sehnenfasern bilden ein Sehnenfaserbündel. Viele Sehnenfaserbündel bilden dann die komplette Sehne.
Verletzungen im Bereich der Sehne findet man in den einzelnen Fasern – sogenannte Faserrisse – oder in Form eines Sehnenabrisses.

Skizzenhaft dargestellter Verlauf von Sehnen und Fesselträger.
ROT: Strecksehne; TÜRKIS: Fesselträger; GELB: tiefe Beugesehne; WEISS: oberflächliche Beugesehne

 

Im Vergleich zu Muskeln sind Sehnen relativ schlecht durchblutet, so dass eine Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen nur in geringem Maße stattfindet. Um eine Sehne zu versorgen und gesund zu erhalten, braucht das Pferd ausreichend Bewegung und Weidegang. Das gilt bis zu einem gewissen Maß auch bei Verletzungen in diesem Bereich, denn bei kompletter Boxenruhe kann die körpereigene Versorgung weiter zurückgehen, was den Heilungsprozess zusätzlich verlangsamen oder behindern kann. Erfahrungen haben gezeigt, dass Freilauf und Weidegang auch bei Sehnenverletzungen wichtig ist. Das Pferd sollte nach Möglichkeit jedoch nicht pausenlos herumtoben, um das Bein nicht übermäßig zu belasten.

 

Wie entsteht ein Sehnenschaden?

Fehler in der Ausbildung bzw. im Training können im Laufe der Zeit durch Überlastung zu Sehnenschäden führen. Pferde, die dauerhaft hinter die Senkrechte geritten werden, entwickeln kompensatorische Bewegungsabläufe, die den Bewegungsapparat überlasten können.

 

Oft ist die Sehne die Schwachstelle, wenn andere Probleme bereits vorhanden sind. Bei Schmerzen oder Lahmheiten, die aufgrund von Verletzungen oder gesundheitlichen Einschränkungen entstehen, beginnt das Pferd in der Regel zu kompensieren. Das heißt, es nimmt eine Schonhaltung ein, um die betroffene Struktur zu weniger zu belasten. Dadurch werden andere Strukturen stärker in Anspruch genommen, was wiederum zu einer Fehlbelastung führt.

Daher ist es sehr wichtig, dass eine Behandlung immer unter ganzheitlichen Gesichtspunkten erfolgt. Gerade im Falle einer Sehnenverletzung muss immer das ganze Pferd betrachtet und ggf. behandelt werden, da im Bewegungsapparat Pferd alle Strukturen voneinander abhängig und auf einen physiologisch korrekten Ablauf angewiesen sind. Auch Kompensationen, die beispielsweise aus einer Verspannung und/oder Bewegungseinschränkung im Rücken resultieren, können zu einer Überlastung der Sehne oder einer falschen Gelenkbewegung führen: Wenn ein Pferd beispielsweise Rückenprobleme hat, wird es seinen Bewegungsablauf mit der Zeit verändern, um seinen Rücken zu entlasten. Dadurch wird es die unteren Strukturen falsch belasten. Nicht selten kommt es zu Fesselträgerproblemen. Wenn diese nicht sofort zu erkannt werden, da das Pferd nicht lahmt, kann es zu einer Schädigung der Sehne kommen.

Durch einen Sehnenschaden entsteht noch ein weiteres Problem: Es bildet sich Narbengewebe. Dieses Narbengewebe an der Sehne weist nicht mehr dieselbe Elastizität auf wie das ursprüngliche Sehnengewebe. Die Sehne ist in ihrer Arbeit daher mehr oder weniger eingeschränkt, was dann wiederum zu weiteren gesundheitlichen Problemen führen kann.

 

Mögliche weitere Ursachen für einen Sehnenschaden 

Bei diesem Pferd ist die falsche Bemuskelung und die Verspannung deutlich zu erkennen. Auch der Schleimbeutel im Genick weist eine erste Schwellung auf.

 

Schäden im Bereich der Beugesehnen und des Fesselträgers treten häufig bei Pferden auf, die der Belastung eines meist fehlerhaften Trainings nicht standhalten. Auch Weideunfälle haben ihren Ursprung nicht selten im Training, denn die Strukturen können dadurch vorgeschädigt sein und halten normalen Bewegungen nicht mehr Stand. Die meisten Sehnenverletzungen entstehen durch:

 

Fehlstellungen der Hufe

Pferd mit massiver Fehlstellung und fortgeschrittenem Fesselträgerschaden.

 

Fehlstellungen, die nicht korrigiert werden oder sogar durch fehlerhafte Hufbearbeitung begünstigt werden, wirken sich ebenfalls negativ auf den Bewegungsapparat aus. Fehlbelastungen in den Gelenken und Überbelastung im Sehnenapparat sind die Folge. Nicht selten kommt es zusätzlich zu Rückenproblemen, da der Rücken nicht mehr unverspannt arbeiten kann und die Pferde sich nicht loslassen können.

 

Sehnenscheidenentzündung

Sehnenscheiden ummanteln die Sehnen und schützen diese an besonders beanspruchten Stellen. Die krankhafte Sehnenscheidenentzündung – medizinisch als Tendinitis bezeichnet – kennen wir von uns selbst. Einseitige Belastung, zu viel oder ungewohnte Arbeiten und zack ist es passiert: Die überbeanspruchte Stelle schmerzt, schwillt an, man kann nicht mehr zugreifen, den Arm heben und notwendige Bewegungen ausführen. Dann reichen kühlende und entzündungshemmende Salben und Ruhe meist aus, um die Entzündung auszukurieren. Dem Pferd geht es genauso.

 

Sehnenruptur – Abriss

Da Sehnen schlechter durchblutet sind als andere Gewebearten, ist es wichtig, dass sich die Sehnen vor der Arbeit aufwärmen können, denn dadurch werden sie elastischer. Für das Reiten bedeutet das, ausreichend lang Schritt zu reiten, wenn das Pferd aus der Box kommt – mit 15-20 Minuten ist man auf der sicheren Seite. Die dadurch erreichte Elastizität reduziert die Gefahr von Verletzungen und Rupturen.
Je nach Grundgangart dehnt sich eine Sehne unterschiedlich. Im Schritt dehnt sich eine Sehne bis zu 4%, im Trab bis zu 8% und im Galopp bis zu 16%, bei sportlichen Belastungen noch mehr. Dies macht deutlich, dass eine Aufwärmphase unerlässlich ist, um die Strukturen auf das Training vorzubereiten. Ist eine Sehne wenig elastisch, bedeutet das, dass sie sich dehnen muss, obwohl es eigentlich noch nicht geht. Auf diese Weise entstehen sehr schnell unbeabsichtigt Schädigungen.

 

Schaden durch Gamaschen / Bandagen

Reiten durch Wasser ist gesund. Die Gamaschen müssen wie hier dabei perfekt sitzen und dürfen nicht scheuern.

 

Sehnen können auch Schaden von falschem Beinschutz davontragen: Falsches Bandagieren kann eine Überhitzung hervorrufen, die Blut- und Lymph-Versorgung beeinträchtigen und dadurch das Gewebe schädigen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, beim Bandagieren beispielsweise immer Unterlagen zu verwenden. Unpassende Gamaschen, die auf Knochenvorsprünge drücken oder die Sehne in ihrer Funktion behindern, können einen Schaden begünstigen.
Aus Angst vor einem Sehnenschaden auf den Beinschutz zu verzichten, ist auch nicht der richtige Wege. Gerade dann, wenn Pferde beschlagen sind und man beispielsweise in der Dressur mit den höheren Lektionen beginnt, kann es passieren, dass sich die Pferde streifen. Schnell wird aus einer so entstehenden Verletzung ein Überbein und wenn das unpassend sitzt auch ebenso schnell ein Sehnenschaden.

 

Behandlungsmöglichkeiten bei Schädigungen der Sehne

Biologische Medizin

In der Homöopathie arbeitet man nach dem Ähnlichkeitsprinzip. Gleiches soll mit Gleichem behandelt werden. So werden Mittel genutzt, die zum Krankheitsbild passen. Diese Substanzen sollen den Körper zur Selbstheilung anregen. Hierzu ist aber eine Ausbildung und Fachwissen erforderlich, um das richtige Mittel und die richtige Dosierung zu finden. Aus dem Grund sollte man immer seinen Tierarzt zu Rate ziehen.

Biologische Arzneimittel sind ebenfalls homöopathische Mittel, bestehen aber aus mehreren Einzelsubstanzen, die je nach spezifischer Indikation zusammengestellt sind und gleichzeitig gezielt an mehreren Ansatzpunkten im Organismus wirken, um die Ursachen einer Erkrankung nachhaltig anzugehen. Man spricht von einem Multicomponent-Multitarget-Prinzip.

Beispiel Traumeel-Verband über Nacht:

Traumeel ad us. vet. Gel dick auftragen, eine Frischhaltefolie darüber wickeln. Darüber eine weiche und nicht drückende Bandagenunterlage und eine Fleecebandage. Durch die entstehende Wärme und die sich haltende Feuchtigkeit wirkt Traumeel intensiver.

 

 

Zeel ad us. vet.
Das Arzneimittel ist bei Arthrose von Pferden sehr gut als Langzeitpräparat geeignet, kann aber auch bei Sehnenverletzungen eingesetzt werden, da es eine schmerzstillende und entzündungshemmende Komponente hat.

 

Lasertherapie
Bei der Lasertherapie arbeitet man therapeutisch mit niederenergetischem Laserlicht. Die Lasertherapie hat nichts mit dem aus der Chirurgie bekannten Laser zu tun. Mit dieser Therapieform werden Prozesse in den Zellen des Körpers stimuliert und somit die Selbstheilungskräfte angeregt und unterstützt. Die Laserbehandlung unterstützt die körpereigenen Regenerationsprozesse und lässt sich gerade bei Sehnenverletzungen sehr gut mit anderen Behandlungsmethoden kombinieren.

Ultraschalltherapie
Ultraschall gibt es auch als Therapieform, sowohl in der Human- wie auch in der Veterinärmedizin. Gerade in der Pferdetherapie hat es ein weites Einsatzspektrum.
Im Gewebe findet dabei ein Druckwechsel durch mechanische Vibrationswirkung sowie eine thermische Wirkung durch Reibung statt. Es entsteht eine Energieumwandlung  in Wärme, die die Durchblutung im Gewebe fördert, was sich heilungsunterstützend / heilungsbeschleunigend auswirkt.

Magnetfeld
Sowohl im Human-, als auch im Veterinärbereich wird die Magnetfeldtherapie eingesetzt, sowohl zur Gesunderhaltung als auch zur Prophylaxe. Sie eignet sich sehr gut zur Unterstützung im Training und zum Muskelaufbau, kann bei der Heilung von akuten und chronischen Gelenks- und Sehnenproblemen, bei Zerrungen, Verspannungen der Muskulatur, bei Phlegmone, Wundheilungsstörungen und Stoffwechselproblematiken und bei akuten und chronischen Entzündungen etc. unterstützend eingesetzt werden.

Blutegel bei Sehnenschaden
Blutegel kann man bei fast allen Erkrankungen einsetzen, die den Bewegungsapparat betreffen. Gerade bei Sehnenerkrankungen werden Blutegel oft eingesetzt. Während des Saugens geben sie ein Sekret ab, das etwa 20 verschiedene heilende Substanzen enthält. Die wichtigsten Stoffe, die dabei abgesondert werden, sind die Blutgerinnungshemmer Hirudin und Calin. In Verbindung mit der entzündungshemmenden Wirkung von Eglin ergibt sich aus diesen Stoffen eine der wichtigsten medizinischen Heilwirkungen des Blutegels.

Osteo- und Physiotherapie

 

Jedes Pferd kann physiotherapeutisch und osteopathisch unterstützt und behandelt werden. Eine Behandlung sollte erst nach einer gründlichen Untersuchung und in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt durchgeführt werden. Bei akuten Entzündungen sollte auf eine Behandlung verzichtet werden, da sich diese dadurch verschlimmern können.

 

 

Kurz zusammengefasst: 

 

Was kann man vorbeugend tun, um einen Sehnenschaden zu vermeiden?

 

 

 

Hinweis:

In unserem Buch “Massage – so wird’s locker” haben wir ein Kapitel der Massage und Unterstützung der Heilung von Sehnenschäden gewidmet.

 

 

 

 

8 Antworten

  1. Hey, und danke für diesen informativen Beitrag! In meinem Pferde-Freundeskreis ist es schon häufiger zu Sehnenschäden gekommen aber zum Glück hatte mein Pferd noch nichts. Ich habe letztens von VetVital Viequo OrthoHyl gehört, habt ihr damit schon Erfahrungen gesammelt? Kann es solche Sehnenschäden verhindern?
    Danke und viele Grüße!

    1. Hallöchen, nein, verhindern kann es einen Schaden nicht, aber es kann den Heilungsprozess unterstützen. Dafür ist es ein sehr gutes Produkt. Liebe Grüße

  2. Interessanter Artikel. Was genau ist es für ein Sehnenschaden bei dem Pferd auf den ersten Bildern? Sehne gerissen? Angerissen? Überdehnt? Wie lang musste das Pferd pausieren?

    1. Hallo,
      das Pferd hatte sich erschrocken und ist zur Seite gesprungen. Dabei war es gegen den Bodenhacken eines Stalltor geschlagen und hatte sich oberflächliche und tiefe Beugesehne verletzt. LG

  3. Hallo, könnte ich bitte die ISBN Nummer des empfohlenen Buches “Massage – so wird locker” haben? Mein Pferd hat leider einen kompletten Abriss der OBS li vo und ich will das Beste versuchen, damit sie wieder fit wird. Lg, Angelika

  4. Nach meinem Daführhalten fehlt ein ganz wichtiger Aspekt in der Zusammenfassung, was man tun kann, um einen Sehnenschaden zu verhindern.
    Die Wenigsten können eine kontinuierliche Bewegung über den Tag gewährleisten.
    Da ist es umso wichtiger, ein Pferd und damit die Sehnen und Muskeln langsam aufzuwärmen.
    Das machen Sportler nicht anders.

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