wir wollen alle, dass es unseren Pferden gut geht und so geht man schnell schönen Versprechen auf den Leim…
Durch die vielen Skandale in der letzten Zeit geht das Gute an der Skala der Ausbildung leider verloren und es herrscht eine grosses Unsicherheit über das, was richtig und/oder auch falsch ist. Welchen Weg soll man noch einschlagen?
Ich glaube, dass sich heute immer mehr Reiter genau diese Frage stellen!
Seit Jahren befasse ich mich mit den vielen Reitauffassungen, die sich im Markt tummeln. In einem meinem Buch (“Losgelassen und gesund”, Müller-Rüschlikon-Verlag) habe ich diese Auffassungen analysiert und zwar unter dem Gesichtspunkt der Gesunderhaltung.
Das heisst:
– Funktioniert Methode X so, dass das Pferd keinen Schaden nimmt?
– Was ändert man mit Methode X, was will man damit erreichen?
– Führt es zu Fehlbelastungen?
– Wie entwickelt sich der Reiter? etc.
Heute sind viele Auffassungen für die Gesundheit des Pferdes nicht förderlich. Das Problem ist, dass sie oft mit einem mehr als geschickten Marketing verkauft werden.
Sie vermitteln an den Käufer/Interessenten folgendes:
– es ist pferdegerecht
– wir machen das so, weil wir Pferde lieben
– das ist der einzig pferdegerechte Weg, aber die ganzen Dummen begreifen das nicht. Darum sind wir
auch eine Gemeinschaft gleichgesinnter…
– wenn Du das machst bekommst sehr viel Anerkennung und positives Feedback
– Dein Pferd ist immer super gechillt und entspannt
– Das Pferd folgt Dir überall hin
– Du hebst Dich ab von der grauen Masse
– Du kannst das nur richtig machen, Du hast eine wahnsinns Talent
– Taktfehler und Lahmheit sind am Anfang normal. Das legt sich alles…
– Solange ich an Deiner Seite bin und Du alles machst, was ich Dir sage, bist Du der Held
– meine Methode ist Freiheit und Harmonie für Dich und Dein Pferd…
um hier nur einige Punkte zu nennen.
Es wird suggeriert, dass man nicht selbst denken muss, einfach nur machen muss, nicht hinterfragen muss (oder besser noch SOLLTE) und nicht selten überschlagen sich Lob und Anerkennung für die grossartige Leistung des jeweiligen Reiters/Besitzers. Leider gehen viele unsichere und nach Lösungen suchende Pferdebesitzer und Reiter diesem Vorgehen auf den Leim. Auch da suggeriert wird, dass man sich von den Misshandlungen im internationalen Sport und der bösen FN-Reiterei (was es davon abgesehen nicht gibt…) abgrenzen kann.
Warum eigentlich?
Schauen wir in eine normale Reitanlage. Was sieht man dort? Lahme, schlecht bemuskelte Pferde, unpassendes Equipment, Druck und Zwang. Was sieht man im internationalen Sport: Leider vielfach das gleiche. Nur auf einem anderen Ausbildungsniveau – und in aller Öffentlichkeit.
Wir brauchen nicht darüber sprechen, dass es für alle ermüdend ist, da man jetzt versucht, das alles über die sozialen Medien schön zu reden.
Das allerdings vermutlich nicht nur für die Breite Masse, sondern vor allem für die Sponsoren. Ab einer gewissen Summe/Pferd (Sponsorenzuwendung) wird der Mensch halt käuflich.
Es ist aber auch im Bereich der Freizeitreiterei nicht anders. Nur sieht es kaum einer…. Es findet nicht unter den Augen der Öffentlichkeit und der Medien statt. Hinzu kommt, dass viele Gurus Feindbilder schaffen. Feindbilder sind immer gut, wenn man das eigene Tun rechtfertigen und gut verkaufen wil.
Wir:
– verwenden keinen Sperrriemen,
– verzichten auf Hilfszügel,
– nutzen mit Überzeugung Sättel ohne Sattelbaum, um ganz nahe am Pferd zu sein,
– bitten unseren Pferde,
– fordern nichts….
– bewegen die Pferde in natürlicher Selbsthaltung (was immer das sein soll???)
Ich finde es wichtig, auch diese Aussagen IMMER kritisch zu hinterfragen. Vor allem, wenn beispielsweise die Skala der Ausbildung mit FN-Reiterei gleichgesetzt wird. Dadurch positionieren sich viele Missionare bewusst gegen das, was wir in der Öffentlichkeit sehen. Sie schaffen so – da die Skala der Ausbildung dadurch nämlich in ein schlechtes Licht gerückt wird – klar gegen die Misshandlungen zu Positionen, die wir im internationalen Sport so verurteilen. Die Frage ist nur, ob das marketingtechnisch gut verkaufen auch gut ist??
Nicht alles, was sich nett anhört ist auch nett. Nicht alles, was als richtig verkauft wird, ist auch richtig….
Wenn Ihr Euch nach einem neuen Vorgehen umschaut, überlegt, etwas anderes zu machen, dann solltet Ihr Euch zuerst die Pferde dieser grossen Könner anschauen. Über die Muskulatur habe ich nicht nur Bücher geschrieben, sondern auch viele Videos und Beiträge verfasst. Muskeln lügen nicht. Sie sagen Euch immer, ob das, was ihr seht richtig oder falsch ist.
Was sind Hinweise auf Fehler in der Ausbildung?
– der “dicke Hals” (aber nur in der Mitte des Halses)
– der Axthieb
– der Unterhals
– der prominent hervorstehende Widerrist
– das kantige Schulterblatt
– die tiefe Delle vor der Schulter
– der abgesackte Brustkorb/Rücken
– die Aufwölbung hinter dem Sattel (Hinweis auf deutliche Verspannungen im Bereich der
Lendenpartie)
– die wellige und wellige Kruppe
– wenn das Pferd aussieht wie ein Windhut (vorne viel – hinten wenig)
– der herabhängende Bauch (steht in den meisten Fällen nämlich für eine schlechte
Bauchmuskulatur und nicht zwangsläufig für das übergewichtige Pferd)
um auch hier nur einige Punkte zu nennen.
Was noch wichtig ist:
Wenn ein Pferd wenig bis kaum Bewegungsfreude zeigt, heißt das nicht, dass es besonders gechillt ist, sondern es heisst nicht selten, dass a) die Muskeln so verspannt sind, dass Bewegung unangenehm oder schmerzhaft ist oder b) das Pferd so viel “versammelt” wurde, dass es verlernt hat, dass der Motor eigentlich hinten ist. So geht Bewegungsfreude verloren und die Pferde fügen sich ihrem Schicksal….
Der richtige Weg
Der richtige Weg ist immer der, den die Skala der Ausbildung beschreibt oder wie Paul Stecken sagen würde: Die überlieferten Grundsätze der Ausbildung. Sie sind heute noch immer richtig und basieren auf biomechanischen Zusammenhängen. Auch wenn wir das heute im Sport nicht mehr finden – und man trotzdem überall liest, dass alles auf den klassischen Reitkunst basiert.
Heute ist halt leider meistens nicht mehr das drin, was draufsteht…..