Momentan gehen ja – man kann schon fast sagen – wie jedes Mal nach Aachen die schrecklichen Bilder von traktierten Pferden in Rollkur durch die Medien. Wissenschaftler stehen am Rande der Abreiteplätze und dokumentieren die Dauer, Gegner und Anhänger dieser Auffassung diskutieren noch immer mit dem Totschlagargument der Momentaufnahme das Für und Wider und verteidigen namhafte Reiter(innen) oder greifen sie teils berechtigt an.
Wenn man die Bilder sieht, könnte man ausrasten, toben, weinen aus Schmerz, Trauer und Leid um die misshandelten Pferde.
Manchmal könnte man ausrasten, dass es noch immer Leute gibt, die das stumpf versuchen zu relativieren und dabei alle Gedanken an Tierschutz ausser Acht lassen.
Was ich aber umso erschreckender finde, ist, dass sich eigentlich nichts ändert. Wem nutzt es, wenn man mit Zeitmessungen feststellt, dass die Leute ihre Pferde nicht mehr eine Stunde so traktieren, sondern nur noch sagen wir zwanzig Minuten. Das, was da als Erfolg verkauft wird, ist Augenwischerei! Glaubt eigentlich irgend jemand, dass es sich zu Haus in er eigenen Halle und hinter der verschlossenen Tür geändert hat? Glaubt irgend jemand, dass der, der für die Öffentlichkeit sein Pferd nach einem Prüfungsritt überschwänglich lobt, dass der sein Pferd zu Hause aus diesem Grund liebevoller und pferdegerechter behandelt? Sicherlich nicht!
Die FN steht dabei uns sagt nichts! Warum auch? Die Erfolge sind da, die Sponsoren zahlen. Kaufen Pferde, finanzieren Kaderreiter und damit ist doch alles richtig.
Dieser ganze Zirkus, den ich hier sehe, erinnert mich an eine Situation als ich noch Managementtrainings gemacht habe. Ich hatte ein Gespräch mit einem Vertriebsvorstand, der ein unmögliches Führungssystem etabliert hatte. Die Mitarbeiter unter Druck setzte, gegeneinander ausspielte und versuchte, jeden zu übervorteilen. Seine Aussage war: “Frau Schmatelka, was sollen Sie eigentlich? Die Zahlen stimmen! Wir haben noch nie so viele erwirtschaftet wie jetzt. Mitarbeiter kommen und gehen, das ist normal…!”
Diese Aussage kann an 1 zu 1 auf den Irrsinn im Reitsport überragen. Der Vertriebsvorstand ist dabei die FN. Die will Medaillen sehen – um jeden Preis – und da die Grande Dame des Dresssursportes Deutschlands endlos viele Erfolge erzielt, wird sie alles tollerieren und alles übersehen, was nicht in das Konzept passt. Das wiederum liefert die Argumentation und Berechtigung für Tausende es eben genauso zu machen und sein Pferde ebenso zu misshandeln. Damit erzielt man doch Erfolge, Medaillen und internationales Renommee. Also sind das nur die dummen Wendi-Reiter, die sich darüber aufregen, die haben ja alle keine Ahnung.
Somit hat man für sich selbst eine runde Argumentation gefunden. Ist doch alles im Lot…
Die FN hätte längst die Möglichkeit gehabt, Reiter zu reglementieren. Sie hat die ethischen Grundsätze und Tierschutzauflagen. Das wird sie aber nicht tun. Es hängen zu viele Sponsoren und Gelder dran.
Die Richter tragen dabei einen ebenso grossen Anteil und sind für die Misere massgeblich verantwortlich. Ich weiss oft nicht, ob die beim Einreiten manch eines Reiters direkt beginnen Schiffe-versenken zu spielen, da sie sich dann nicht mit den groben Hilfen und der schlechten Reiterei auf dem Prüfungsplatz befassen müssen oder die einfach ihre Brille ausziehen. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass gerade das Brille abziehen ein probates Mittel ist, um sich ein Leid nicht mehr anzusehen… Man sieht es nämlich nicht. Es ist alles so schön wischiwaschi. Das hat was….
Ändern wird sich in diesem Zirkus erst etwas, wenn es keine Fördergelder und Sponsorenschecks mehr gibt. Das trifft dann einen empfindlichen Punkt…
An die Liebe und Verantwortung für das Pferd zu appellieren ist sinnlos. Das Pferd kommt in Warendorf bekanntlicherweise erst ganz zum Schluss….
P.S. Die beiden Aufmacherfotos sind übrigens vom “Preis der Besten” 2016 und 2018. Die Sparte “junge Reiter”. Das zeigt: Die Jungend hat das schon perfektioniert… Wo soll also die Erkenntnis für die Notwendigkeit einer Veränderung entstehen???
Sehr, sehr guter Kommentar. Ich fürchte, das ist einfach eine Mafia – auf Kosten der Pferde. Aber wenn man etwas sagt, heißt es sofort: “Reite doch selbst erst mal diese Aufgabe. Kannst du nicht? Dann halte den Mund. Du Wurm.”