Vor einigen Jahren noch habe ich gedacht, dass man Begriffe, die seit Jahrhunderten definiert sind eigentlich nicht falsch verstehen kann. Das ist ein Irrtum.
Vor einigen Tagen erklärte mir eine Trainerin, dass Dehnungshaltung und vorwärts-abwärts sowie Zügel aus der Hand kauen lassen, dass Reiten mit hingegebenem Zügel alles ein dasselbe ist und man das nicht machen soll beim weiter gerittenen Pferd, da es dabei grundsätzlich und immer auf die Vorhand kommt und man dadurch automatisch Verschleisserscheinungen in den Vorderbeinen produzieren würde. Beim weiteren gerittenen Pferd also nur noch Aufrichtung und Versammlung. Das allerdings für den Reiter aufgrund des logischerweise kurzen Zügels sehr anstengend.
Heute sage ich zu soabenteuerlichen Ideen wenn überhaupt nur: “Ah, sehr interessant!”
Das Gegenüber ist dann zufrieden, wächst vor sich hin und ich habe meine Ruhe. Genauer betrachtet ist eine solche Aussage allerdings Käse oder wie es Herr Stecken nennen würde: “reiterlicher Unsinn!”
Schauen wir uns das einfach einmal nacheinander an….
Vorwärts-abwärts und Dehnungshaltung ist nicht dasselbe!
Herr Stecken hat mir zu seinen Lebzeiten immer einem Satz eingebläut, der bis heute in meinem Kopf eingemeißelt ist: “Ein Vorlassen des Halses und damit die Dehnung des Halses muss immer zugelassen werden.”
Also: Das Pferd nutzt seinen Hals als Balancierstange und somit muss es eine gewissen Halsfreiheit haben, will es sich denn ausbalancieren uns sich nicht auf die Hand des Reiters stützen und damit logischerweise wieder auf die Vorhand kommen.
Die Dehnung des Halses bei angenommenem Gebiss ist auch wiederum wichtig, damit sich das Pferd tragen kann, mit dem Hinterbein aktiv abfassend in Richtung unter den Schwerpunkt treten kann und somit bei hergebenem Rücken von Hinten nach Vorne und von Vorne nach Hinten durch den Körper schwingen kann.
Alles das geht mit einem zu engen Hals und kurzen Zügel nicht, denn der Rücken ist verspannt und fest und das Pferd kann nicht ausreichend weit in Richtung unter den Schwerpunkt treten und entsprechend gebeugten Hinterhandgelenken Last aufnehmen, da das komplett durch die fehlerhafte Einwirkung des Reiters behindert wird.
Mit der eben erwähnten Lastaufnahme kommen wir auch schon bei der Versammlung an. Damit das Pferd korrekt versammelt werden kann, muss die Nase bei ausreichend langem Zügel an die Senkrechte. Also auch hier braucht es eine gewisse Dehnungshaltung.
Versammlung hat also nichts mit Kraftaufwand, kurzem Zügel und Druck zu tun, sondern damit, dass das Pferd – da es nicht in seinem natürlichen Bewegungsablauf behindert wird – spielerisch und mit kleinsten Hilfen reagierend (beim gut gerittenen Pferd nämlich allein über das Aufrichten des eigenen Oberkörpers, ein/zwei halbe Paraden und über das Anspannen der Beckenbodenmuskeln. Dabei kann man dann sogar überstreichen…) Last aufnehmen kann.
ERGO: Dehnung also auch bei der Versammlung
Vorwärts-abwärts und Zügel aus der Hand kauen lassen ist nicht dasselbe!
Wenn ich so gedanklich durch die alte Literatur gehe, waren das Reiten am langen Zügel, das Reiten mit hingegebenem Zügel, die Gebrauchshaltung und das Zügel aus der Hand kauen lassen als Lektion oder Übung genau definiert. Vorwärts-abwärts allerdings ist eigentlich ein Wischt-Waschi, wenn Pferde irgendwie den Kopf runter nehmen und sich die Nase irgendwo in Höhe des Buggelenkes oder darunter befindet. Ob sie dabei an der Senkrechten ist oder nicht hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren.
Eine namhafte Tierärztin sagte einmal zu mir: “Wenn der Kopf unten ist, gehen sie über den Rücken.”
Auch zu einem solchen Käse sage ich heute nichts mehr, denn es Menschen gibt, die es aus Prinzip besser wissen und dabei lässt man es dann am besten bewenden.







Der Rücken ist weggedrückt und das Hinterbein stemmt hinten heraus