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Früher wurde Ausbildung sehr systematisch aufgebaut – so habe ich zumindest noch gelernt und dass nicht nur von Herrn Stecken. Die alten Ausbilder bei denen ich noch geritten bin verfolgten dieses Ziel, denn es hielt die Pferde bis in ein hohes Alter gesund.

Ich habe es bei meinen Pferden noch so gemacht und natürlich gelernt, dass ich – ganz H.Dv. 37 –  in den ersten beiden Ausbildungsjahren hauptsächlich mit meinen Pferden ins Gelände gegangen bin. In frischen Tempo fleissig vorwärts, die Zügel so lang, dass die Pferde die Anlehnung suchen konnten und das mit dem Ziel, die Qualität der Grundgangarten zu verbessern, alles zu stabilisieren. Wenn mal Reitplatz, dann ein riesig grosser  Geländeplatz. Dort habe ich nur grosse gebogenen Linien geritten und ein paar Übergänge, Handwechsel geübt, um so die Anlehnung zu verbessern und darüber hinaus gab es Zügel aus der Hand kauen lassen. Durch die unterschiedlichen Bodenverhältnisse, das viele Bergauf und Bergab immer mit dem Ziel, dass das Pferd durch das fleissige Vorwärtsreiten die Anlehnung sucht und mit dem Hinterbein aktiv abfusst, waren immer alle meine Pferde korrekt bemuskelt und blieben bis in ein hohes Alter gesund. Trotz der Zeit und Ruhe in der Ausbildung beherrschten meine Pferde spielerisch alle S-Lektionen. Selbst mein Rubinstein lief mit 21 Jahren noch immer taktrein, sprang wirklich schöner 1erWechsel und beherrschte Piaffe und Passage, war immer schmerzfrei und das mit einem Kissing Spines Befund Grad 5.

Mein Rubinstein mit 21 Jahren:

Mit dieser schon fast weltfremden Einstellung ging ich an die Ausbildung eines jeden Pferdes – und das bis heute.

 

In den letzten Jahren hat mich allerdings auch durch Bamboo, dann durch Quartertime und die vielen anderen Pferde die Realität eingeholt: Eine solche Ausbildung ist heute nicht mehr up to date. Das dauert viel zu lang und alles, was dauert kostet. Was allerdings schnell geht, kostet erst recht – nämlich die Gesundheit des Pferdes. Eine Milchmädchenrechnung ….

Bamboo früher:                                                                 Bamboo drei Jahre später:

          

Der normale Freizeitreiter schaut sich Veranstaltungen wie ein Bundeschampionat an oder aber auch internationale Prüfungen oder die vielen alternativen Methoden, bei denen Pferden schon in jungen Jahren irgendwelche komischen Lektionen eingetrichtert werden, die sie bei genauer Betrachtung aufgrund ihrer körperlichen Gesamtverfassung nicht leisten können und auch nicht lange leisten werden.

Jeder Mediziner wird es dem Besitzer bestätigen, dass es weder Abkürzungen gibt, noch das Ausbildung schnell geht und trotzdem scheinen immer mehr Menschen zu glauben, dass bei der modernen Zucht die Muskeln halt mal eben doppelt so schnell wachsen und die Pferde korrekt gymnastiziert auf die Welt kommen – oder noch besser: Jeder zweite Reiter ein Ausnahmepferd hat bei dem das geht.

Das Ergebnis dieser Einschätzung produziert die vielen vielen falsch bemuskelten und kaputt gerittenen Pferde. Selbst wenn dieser Punkt erreicht ist, stellen viele ihre reitereichen Fähigkeiten noch immer nicht in Frage. Warum eigentlich?

Ist es ein Fehler zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat? Ist es ein Fehler zuzugeben, dass man es vielleicht nicht alleine hinkriegt? In meinen Augen spricht das für wirkliche Grösse!

Nehmen wir Armani: Er kam im Februar letzten Jahres und war nicht reitbar. Er war Durchgänger und wirklich gefährlich. In seiner Ausbildung war vom ersten Tag alles aber auch alles falsch. Anstatt dann zurück auf Null zu gehen, kamen Überlegungen wie: Da muss er jetzt durch.

Heute nach einem Jahr bei mir kann ich gerade einmal aufsitzen und in einem kleinen abgesteckten Eckchen des Reitplatzes im Schritt im Kreis reiten. Mehr geht noch nicht. Das hätte nicht sein müssen, wenn der ein oder andere ein bisschen gewusst hätte, was er da tut. Hat er aber offensichtlich nicht, sonst wäre das nicht das Ergebnis….

Ein Einzelfall? Nein, einer von Tausenden.

Nehmen wir Bamboo: mit 7 Jahren war er abgemagert und reiterlich komplett geschrottet. Es hat drei Jahre gedauert, bis er wieder ein schönes und korrekt bemuskeltes Pferd war und trotzdem war es für seinen kaputten Körper zu spät. Ich musste ihn am 1.1.2021 einschläfern lassen. Hätte ich ihn ein Jahr früher bekommen, wäre es wahrscheinlich soweit nicht gekommen….
Auch das hätte nicht sein müssen, wenn der Vorbesitzer auch nur im Ansatz gewusst hätte, was er tut. Ein goldenes Reitabzeichen spricht heute nicht mehr für reitehrliches Kompetenz.

Diese Geschichten gehen mit Quartertime weiter. Wäre er nicht bei Veronika und dann über Claudija bei mir gelandet, wäre er mit diesem katastrophalen Rückenbefund jetzt schon beim Metzger.

Quartertime früher:                                               Quartertime zwei Jahre später:

         

 

Jetzt kommt der neue: Fleetwood. Eine Seele von Pferd. Eigentlich als Fürst Nympehnburg x Belissimo Qualität genug, aber so schlecht geritten, dass wir seit er bei uns ist nur Longieren können, ihm etwas gegen Schmerzen und Entzündungen geben und ihn erst einmal mehrfach ostertherapeutisch behandeln lassen müssen. Mit Longiergurt ist er mittlerweile schon wieder schön schwungvoll. Kommt der Sattel drauf ist er an der Longe zügellahm…. und das obwohl sein Sattel jetzt zu 100% perfekt liegt, denn den hat Frank Wohlhorn gemacht.

Er ist jetzt gerade einmal 10 Jahre alt, sieht aus wie ein Leid, hat eine so schlechte Oberlinie wie ich sie selten gesehen habe und ist mal eben 100kg zu dünn. Schmerzen und Stress. Als er kam, tat ihm sogar die Haut weh…. Aber er ist bis S-Dressur geritten und hat Platzierungen satt.

… er hat noch nicht einmal gelernt, den Hals reell fallen zu lassen. Die erste Woche lief er wie eine Giraffe. Jetzt schnaubt er immerhin schon ab und versucht sich nach abwärts zu dehnen…

 

 

 

 

Ich bin oft so entsetzt und frage mich, was sehen die Leute, was denken Besitzer und vor allem, was sagen und können eigentlich Ausbilder noch, wenn ihnen bei solchen Pferden nicht alle Alarmglocken angehen?

“Das Pferd soll durch richtiges Reiten schöner und gesünder werden!” Dieser Satz ist heute wohl vielfach vergessen…

Fleeti – so nennen wir ihn liebevoll – ist ein ganz süsser Knopf. Er wird bleiben und wir werden ihn sicherlich wieder zu einem schönen Pferd machen. Eigentlich wollten wir ihn für gute Fotos und für Lehrvideos, da wir nicht wissen, wie lange Armani noch braucht bis er keine Angst mehr hat geritten zu werden.
Wir dachten, wir reiten ihn ein paar Wochen korrekt und dann klappt das schon… In dem Fall hat das jetzt mal nicht geklappt. Also mache ich mal ein Projekt daraus und schaue, was passiert und wo die Reise hingeht….

Wir halten Euch natürlich auf dem Laufenden! Ich bin selbst ziemlich gespannt….

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